Wie das EU-Verpackungsgesetz die Lieferkette auf den Kopf stellt – und welche Materialsünden jetzt richtig teuer werden können.
Ab dem Jahr 2030 müssen alle Verpackungen im europäischen Wirtschaftsraum zu mindestens 70 Prozent recyclingfähig sein. Dies betrifft verschiedene Materialien, darunter Glas, Metall, Papier und Kunststoffe. Problematisch sind vor allem flexible Kunststoffverpackungen, die trotz ihrer funktionalen Vorteile beim Recycling große Herausforderungen darstellen.
Mit dem neuen EU-Verpackungsgesetz (PPWR) wird ein strenger Kurs verfolgt, der nicht nur einen rechtlichen Rahmen für die Verpackungsindustrie schafft, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette hat. Die Ziele der EU sind ambitioniert: Verpackungen müssen als recyclingfähig gelten, wenn sie stofflich verwertbar sind und ohne Beeinträchtigung anderer Stoffströme getrennt gesammelt und sortiert werden können.
Während gängige Materialien wie Glas und Metall diese Anforderungen meist erfüllen, stehen Kunststoffe unter enormem Druck. Flexible Verpackungen, die für Frische und Haltbarkeit von Produkten entscheidend sind, erweisen sich oft als schwer recyclebar. Monofolien, welche eine effektive Recyclingfähigkeit aufweisen, schaffen es häufig nicht, die notwendigen Schutzfunktionen zu erfüllen, weshalb für zahlreiche Anwendungen nachhaltige Alternativen fehlen.
Eine weitere Herausforderung liegt in der Verantwortung der Inverkehrbringer. Sie müssen die Recyclingfähigkeit ihrer Produkte garantieren, stehen jedoch oft vor dem Problem, dass entscheidende Aspekte außerhalb ihres Einflussbereichs liegen, wie etwa die Qualität der Recyclingprozesse. Fehlt es an einer funktionierenden Infrastruktur zur Sammlung und Verwertung, können Unternehmen keine verlässlichen Zusicherungen geben.
Die Frage bleibt, was mit Verpackungen passiert, die zwar essentielle Funktionen erfüllen, aber nicht recyclingfähig sind. Hier sind pragmatische Lösungen gefordert, um Ausnahmen für Verpackungen mit hohen Haltbarkeitsanforderungen zu schaffen. Andernfalls drohen ernsthafte Konsequenzen für die Versorgungssicherheit und die Stabilität von Lieferketten.
Die Perspektive wird komplexer, wenn man die Zahl der produzierenden Unternehmen und die unzähligen Verpackungseinheiten, die in der EU jährlich verbraucht werden, betrachtet. Über 800 Milliarden Verpackungen pro Jahr stehen im Widerspruch zu den ambitionierten ökologischen Zielen der EU. Die Gefahr besteht darin, dass eine übertriebene Fokussierung auf Recyclingvorgaben zu einem fundamentalen Zielkonflikt zwischen Produktschutz und Recyclingfähigkeit führt, der die Wirtschaft und die Verbraucher belastet.
Zusammenfassung der Herausforderungen der Recyclingfähigkeit
- Ab 2030 müssen 70% der Verpackungen im EU-Raum recyclingfähig sein, was vor allem Kunststoffe betrifft.
- Glas und Metall erfüllen diese Anforderungen meist, während flexible Kunststoffverpackungen vor Herausforderungen stehen.
- Es besteht ein Zielkonflikt zwischen Recyclingvorgaben und Produktschutz, was die Lieferkette belasten könnte.
Was Operations-Profis wissen sollten
Die Diskussion um Recyclingfähigkeit hat direkte Auswirkungen auf die Operations-Management-Strategie. Die Relevanz ergibt sich aus der Notwendigkeit, nachhaltige Prozesse zu integrieren. Unternehmen müssen darauf vorbereitet sein, alternative Materialien zu erforschen und in die Lieferkette zu integrieren, um den strengen EU-Vorgaben gerecht zu werden.
Operations-Profis sollten Maßnahmen einleiten, um die Materialauswahl und die Herstellungsverfahren zu optimieren. Dies könnte die Investition in neue Technologien oder Partnerschaften mit innovativen Herstellern einschließen, um die Recyclingquote zu steigern. Zudem müssen sie sicherstellen, dass die Infrastruktur für die Sammlung und den Recyclingprozess in Betracht gezogen wird, was eventuell neue Kooperationen erfordert.
Die Konsequenzen für das Tagesgeschäft folgen direkt aus der Notwendigkeit, das Risiko von Lieferengpässen oder rechtlichen Schwierigkeiten zu minimieren. Eine proaktive Herangehensweise ist erforderlich, um sowohl den gesetzlichen Anforderungen als auch den Erwartungen der Verbraucher gerecht zu werden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer flexiblen und anpassungsfähigen Betriebsstruktur, die auf die sich verändernden Anforderungen des Marktes reagiert.
Robert Reseneder – Interim Manager und Mentor
Tel. +49 175 265 6522
Diese Zusammenfassung basiert auf dem Beitrag Sonja Bähr | Recyclingfähig? O Ja / O Nein / X Vielleicht
Quelle: packaging journal